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Mandalay: Mit dem Scooter nach Amarapura und Inwa

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Eisverkäufer warten auf der historischen U-Bein-Brücke in Amarapurna auf Kundschaft.

Nach einem Tag in der Innenstadt von Mandalay hatte ich fast keine Lust mehr, die umliegenden Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Zu anstrengend erschienen mir die Anreise und zu wenig attraktiv die Ansichten.  Zum Glück konnte ich mich doch noch überwinden, einen Roller zu mieten.

Es war der Morgen am letzten Tag meiner Myanmar-Reise. Ich weiss nicht, ob das andere Reisende auch so erleben. Aber wenn das Ende einer Reise naht, gerate ich häufig in eine lethargische Stimmung. Ich frage mich immer und immer wieder, ob es sich in der kurzen Zeit überhaupt noch lohnt, etwas anzusehen, neue Menschen kennenzulernen. So sass ich also auch an diesem Morgen auf der Dachterrasse meines Hotels, schaute in die grauen Wolken, versuchte mit meinem Laptop zum fünften Mal innerhalb einer halben Stunde über das Drahtlosnetzwerk des Hotels in meine Mailbox zu gelangen. Da unterbreitet mir meine Reisebekanntschaft Xiao Yuan ein Angebot, das ich (Don Corleone lässt grüssen)  nicht ausschlagen kann.

Mit einem Roller lässt sich die Umgebung von Mandalay am besten erkunden.

Wir mieten also zusammen ein Motorroller und fahren hinaus nach Amarapura, einer von zahlreichen früheren Hauptstädten im Umkreis von Mandalay. Diese liegt rund zwölf Kilometer südlich von Mandalay. Die Anfahrt ist angenehm. Niemand drängelt, niemand hupt – vermisse ich vielleicht China? Doch leicht zu finden ist der Ort ohne Karte nicht. Alle fünf Minuten halten wir an und fragen Passanten nach dem Weg. Zum Glück können die meisten Leute einigermassen gut Englisch sprechen. Die Sonne brennt auf der Haut.

Die wichtigste Sehenswürdigkeit von Amarapura ist recht unscheinbar: eine schmale, 1200 Meter lange Teakholzbrücke aus dem Jahre 1784. Sie ist die längte Brücke ihrer Art und besticht unter anderem durch etwas, was man nicht sieht: Sie musste nie ernsthaft repariert werden. Vor dem Brückenkopf bieten zahlreiche Läden hübschen Schmuck an. Mir gefällt eine Halskette, die aus Wassermelonenkernen gefertigt wurde. Der Verkäufer ist freundlich. Er bietet an, dass wir den Helm bei seinem Laden lassen können, bis wir zurückkommen. Ich handle die Halskette noch kurz auf die Hälfte des anfangs genannten Preises herunter. Überraschend schnell ist der Verkäufer einverstanden. Auf der Brücke beim nächsten Laden erkenne ich dann auch wieso: Dort lag die Verhandlungsbasis bei einem Viertel.

Die Teakholzbrücke U-Bein ist über 200 Jahre alt und musste seither kaum je ernsthaft repariert werden.

Das doch sehr touristische Amarapura möchte ich jedoch so schnell wie möglich verlassen. Innwa verspricht ein Gefühl, am Ende der Welt angekommen zu sein. Und tatsächlich brettern wir über leere Strassen, kleine Dörfer und wackelige Brücken, bis vor uns ein paar Ruinen auftauchen.  Ich versuche auf dem Reiseführer herauszufinden, wo wir sind. Nach einigem Suchen kann ich den Ort eruieren. Haus mit zwei Etagen steht dort lapidar.  Noch lapidarer ist die Anzeige meiner Kamera: No Battery heisst es dort.

Wir gehen erstmals in den Bretterverschlag auf der anderen Strassenseite, um etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen. Es gibt einen Teller geschmacksneutraler Samosas und drei Donuts, die mit Zucker und geraspelter Kokosnuss gefüllt sind. Wir versuchen je einen: süss, knusperig und  – ungesund.  Wir bezahlen und schauen anschliessend noch den kleinen Kindern bei Spielen zu. Bis Xiao Yuan irgendwann auf die Idee kommt, den Kleinen der dritte Donut zu geben. Kaum hat das kleine Mädchen reingebissen, kommt die Mutter, der das Restaurant gehört, und verlangt nochmals 100 Kyat für das zusätzliche Essen. Xiao Yuan ist erstaunt. Ich lache.

Das “Haus mit zwei Etagen” am Eingang der historischen Stadt Inwa. Der geheimnisvolle Ausländer übrigens ist die zweite Person von rechts.

In diesem Augenblick fährt ein Auto vor. Drei Burmesen steigen gemeinsam mit einem dunkelhaarigen und braungebrannten Europäer heraus. Sie laufen direkt auf die Ruine zu und beginnen zu knipsen. Ich frage ihn, ob er mir seine Kamera kurz ausleihen kann, damit wir auch ein paar Fotos von der Ruine machen können. Dabei fällt mir auf, dass er nicht nur professionell fotografiert, sondern dass er sich auch fliessend mit den Einheimischen unterhält. Ich bin erstaunt und versuche mit ihm ins Gespräch zu kommen. „Bist du ein professioneller Fotograf?“, frage ich ihn. Nein, er mache das nur so zum Spass. Er sei im Urlaub da. Ich möchte wissen, wie er die Sprache so gut gelernt hat. „Ich bin ein Einheimischer“, erklärt er und nimmt die Kamera entgegen. „Ich lebe in Yangoon.“

Dann läuft er davon und hinterlässt mich in meiner Verwirrung. Was ist seine Geschichte? Hat er mich einfach angelogen, so wie ich in China einmal erzählt, dass ich aus Polen stammte, weil es mich langweilte, die eigene Geschichte immer wieder zu wiederholen? War er vielleicht ein bekannter Fotoreporter, der „undercover“ recherchierte? Oder ist er tatsächlich Staatsbürger von Myanmar? Vielleicht das uneheliche Kind von einem britischen Soldaten und einer Einheimischen. Dafür hätte er aber wohl weiter über 40 Jahre alt sein müssen und er wirkte viel jünger. Bevor ich einen weiteren Versuch unternehmen konnte, seine Geschichte zu erforschen, steigt er ins Auto und braust mit seinen Freunden davon.

Wir fahren weiter in den Hauptteil der alten Stadt, der direkt am Irrawaddy liegt.  Hier gibt’s einen weiteren Beobachtungsturm, den man inzwischen aber leider nicht mehr besteigen darf. Nicht weit davon liegt die Ruine eines alten Palasts.  Wir dürfen barfuss durch die historischen Gemäuer streifen, während uns der Duft von Fledermäusen in die Nase steigt. Auch hier sind wir, wie in ganz Inwa, nahezu alleine. Die Sonne geht langsam unter. Über die neue Autobahn, die zum Flughafen führt und die unser Taxi am kommenden Tag nicht nimmt, um Kosten zu sparen, geht es zurück nach Mandalay. Hier noch eine kleine Warnung an alle, welche das ebenfalls tun wollen:  Die Betonplatten hören bisweilen ohne Warnung auf und man muss ein paar Meter durch Sand fahren. Wer nicht rechtzeitig abbremst oder im Dunkeln fährt, liegt da schnell einmal flach.



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